Freie Radikale

Freie Radikale werden immer öfter in Zusammenhang mit der Entstehung verschiedener Krankheiten erwähnt, vor allem Arteriosklerose und Krebs.
Im gleichen Zusammenhang wird auch von sogenannten Radikalfängern gesprochen, die vor den negativen Auswirkungen der freien Radikale schützen. 

Definition: Freie Radikale 
Freie Radikale sind Atome oder Moleküle, die ein oder mehrere ungepaarte (freie) Elektronen besitzen. Ein ungepaartes oder auch "einsames" Elektronenpaar belegt dabei ein Orbital allein. Sauerstoffradikale, die definitionsgemäß Radikale des Sauerstoffs darstellen, gilt ein besonderes Interesse, da sie im menschlichen Körper ganz natürlich während der Energieerzeugung aber auch durch äußere Einflüsse entstehen. Sauerstoffradikale sind z.B.: 
> Superoxidanionradikal
> Perhydroxylradikal
> Wasserstoffperoxid
> Hydroxylradikal
> Aloxylradikal
> Peroxylradikal
> Hydroperoxyd


Warum sind Sauerstoffradikale gefährlich? 
Sauerstoffradikale oder auch reaktive Sauerstofformen schädigen eine Vielzahl zellulärer Verbindungen. Da einsame Elektronen danach streben, ein Elektronenpaar zu bilden, sind freie Radikale besonders reaktionsfreudig. Die Reaktionsfreudigkeit läßt sich dabei direkt an der Halbwertzeit des Radikals ablesen: Je kleiner diese ist, desto reaktionsfreudiger ist das Radikal.
Die folgende Tabelle gibt hierzu einen kleinen Überblick: 
 
Hydroxylradikal 
10-9 sek
Singulettsauerstoff    
10 sek
Alkoxylradikal
10-6 sek
Peroxylradikal
7 sek
Nitritoxiradikal
1-10 sek

Für einen Zusammenhang zwischen der Entstehung von Arteriosklerose und der Lipidperoxidation spricht die in vitro beobachtete Oxidation von LDL (s.a. Artikel zum Cholesterin). 

Oxidiertes LDL kann nicht mehr an die für es vorgesehenen Rezeptoren binden und zeigt daraufhin ausgeprägte zytotoxische Wirkungen. Es kommt es zu einer vermehrten Umwandlung von Monocyten in Makrophagen, die mittels eines speziellen Rezeptors (des Scavenger- Rezeptors) oxidiertes LDL binden können. Da dieser Rezeptor nicht (wie beim normalen LDL-Rezeptor) durch einen hohen intrazellulären Cholesterinspiegel gehemmt wird, kommt es zu einer Anhäufung des Cholesterins in den Makrophagen, die sich daraufhin zu sogenannten Schaumzellen umbilden. 
Die Schaumzellen begünstigen wiederum Bindegewebseinlagerungen, die zur Ausbildung arteriosklerotischer Plaques führen.

Oxidativer Streß 
Da, wie oben schon erwähnt, die reaktiven Sauerstoffverbindungen auch beim ganz normalen Stoffwechselgeschehen (bei der unvollständigen Reduzierung des Sauerstoffs zu Wasser) entstehen, war in der Evolution des Menschen die Ausbildung von Schutzmechanismen notwendig. Normalerweise liegt zwischen oxidativen und reduktiven Prozessen ein Gleichgewicht vor. Überwiegen jedoch die oxidativen Reaktionen, spricht man vom "oxidativen Streß".
Ursache für oxidativen Streß können folgende Faktoren sein: 

> Nikotin 
> Alkohol 
> ionisierte Strahlung (Fernseher, Computerbildschirm, Handy, UV-Strahlung) 
> Ozon 
> Smog 
> Einseitige (vitaminarme) Ernährung, reich an tierischen Fetten 


Entgiftungsmechanismen des Körpers 
Unterschieden werden können dabei Schutzmechanismen auf enzymatischer und auf nichtenzymatischer Basis. 

Beispiele nichtenzymatischer  Antioxidantien:
> Vitamin E 
> Vitamin C 
> Beta-Carotin (Vitamin A Vorstufe)
> Sekundäre Pflanzenstoffe (z.B. Flavonoide, Polyphenole) 
Vitamin E schützt Lipide im wesentlichen dadurch, daß es die radikalische Kettenreaktion abbricht. Es spendet den Radikalen ein Elektron, wird selbst zum Radikal, reagiert aber nicht weiter. Vitamin C regeneriert "verbrauchtes" Vitamin E, während der Mechanismus der antioxidativen Wirkung von Beta-Carotin noch nicht gänzlich geklärt ist. Flavonoide (besonders Catechin, Epicatechin, Quercetin und Resveratrol) verhindern den oxidativen Abbau von Vitamin E. 

Beispiele enzymatischer Antioxidantien 
> Glutathionperoxidase 
> Superoxiddismutase 
> Hydroxyperoxidase 
Die Glutathionperoxidase (als wichtigstes Antioxidanz) reduziert Sauerstoff- und Lipidperoxide. Glutathion ist ein Tripeptid (Glycin, Cystein, Glutamt). Die Glutathionperoxidase enthält als weiteren wichtigen Baustein noch Selen. Die Glutathionperoxidase kann durch die Glutathionreductase regeneriert werden. 

Ernährungsempfehlungen 
Der gesunde Erwachsene, der keinem besonderen oxidativen Streß ausgesetzt ist, benötigt keine spezielle Radikaldiät oder gar Tabletten. Werden die folgenden Ernährungsempfehlungen (der DGE, Deutsche Gesellschaft für Ernährung) eingehalten, besteht keine Gefahr: 
Täglicher Verzehr von ca. 200/250 g Gemüse und ca. 75 g Rohkost (günstig, wegen dem hohen Gehalt an Carotinoiden, sind dunkelgrüne und orangefarbene Gemüsesorten). Dabei sollte vorwiegend Gemüse und Obst der Saison, das reif geerntet worden ist, gegessen werden. (Höherer Gehalt sekundärer Pflanzenstoffe). Regelmäßiger Verzehr von Obst (ca. 200/250 g am Tag). Da Öle mit einem hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren besonders anfällig für die Bildung von Peroxiden sind, sollten diese nicht vermehrt verzehrt und nicht zu lange gelagert werden ! Vor allem solche auswählen, die einen hohen Anteil Vitamin E (Sonnenblumenöl, Weizenkeimöl, Olivenöl) besitzen. 
 
 

Quelle:
Michael Kindt – Diplom-Oecotrophologe an der Uni Giessen